(Artikel vom 07.11.2024) Die Versorgung und Pflege älterer Menschen ist in der gesellschaftlichen und politischen Debatte allgegenwärtig. Die vom Vorstand der Conterganstiftung im vergangenen Jahr eingesetzte Expertinnen- und Expertenkommission hat sich des Themas angenommen. Diese legt in ihrer Arbeit einen Schwerpunkt auf das Thema einer ganzheitlichen gesundheitlichen Versorgung. Gerade für Menschen mit Behinderung braucht es nachhaltige Konzepte und Lösungen. Denn Ärztemangel und abnehmendes Wissen bei nachkommenden Generationen rund um das Thema Contergan betreffen diese Gruppe besonders. Heute leben noch rund 2.400 Opfer des Conterganskandals. Sie befinden sich inzwischen im Seniorenalter.
"Es reicht bei weitem nicht, sich nur mit der medizinischen Absicherung im Alter zu befassen", sagt Kommissionsmitglied Dr. phil. Almut Satrapa-Schill. Sie hat sich viele Jahre mit der Thematik befasst und bringt ihre Expertise nun in das Fachgremium ein. Die "große Klammer" sei die Organisation eines würdigen Lebens von Menschen mit Conterganschädigung im Alter. "Neben Ärztinnen und Ärzten sind Pflegekräfte, Therapie- und Sozialarbeitende, Ernährungsberaterinnen und -berater wie auch IT-Fachkräfte und die Städteplanung Garanten für eine erfolgreiche Gesundheitsversorgung". Deshalb verfolgt die Expertinnen- und Expertenkommission einen interdisziplinären Ansatz und nimmt ebenso die Bereiche Wohnen und psychologische Betreuung mit in den Fokus.
Außer Frau Dr. Satrapa-Schill gehören 13 weitere Mitglieder unterschiedlicher Fachbereiche dem Gremium an. Darunter auch fünf Menschen mit Conterganschädigung, die ihre Erfahrungen, Bedarfe und Ideen als "Expertinnen und Experten in eigener Sache" einbringen. Stiftung und Kommission erwarten, dass die Arbeitsergebnisse letztlich für alle älteren Menschen mit Einschränkungen Relevanz haben werden und Modellcharakter haben können. "Ziel ist es, eine bessere Versorgung von allen Menschen mit Behinderung, nicht nur von Menschen mit Conterganschädigung zu erreichen", sagt der Vorstandsvorsitzende Dieter Hackler. Ein Abschlussbericht ist für 2026 vorgesehen.
Vor gut 60 Jahren sorgte das Medikament Contergan für den ersten Arzneimittelskandal im Deutschland der Nachkriegszeit. Zwischen 1958 und 1963 gebaren Mütter, die das Mittel eingenommen hatten, Kinder mit orthopädischen und inneren Schäden sowie Hals-Nasen-Ohren-Schäden und Augenschäden. Viele von ihnen starben. Heute leben noch etwa 2.300 bei der Stiftung anerkannte Menschen mit Conterganschädigung allein in Deutschland. Im Dezember 1971 wurde die Stiftung durch Beschluss des Deutschen Bundestags ins Leben gerufen. Das Stiftungskapital wurde bei Stiftungsgründung von dem Pharmaunternehmen Grünenthal und dem Bund zu gleichen Teilen eingebracht. Seitdem die Gelder für Zahlungen an die Betroffenen aufgebraucht sind, bestreitet der Bund die Zahlungen zu hundert Prozent aus seinen Mitteln.
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