(Artikel vom 27.09.2023) Nürnberg, 27. September 2023 - Etwas mehr als ein Drittel (34,5%) der gesamten Arbeit wurde 2022 in Projekten geleistet. Bezogen auf die Bruttowertschöpfung entspricht dies 1,2 Billionen Euro, die in Deutschland über Projekttätigkeit generiert wurden. Mehr als jede dritte Arbeitsstunde wird in Projekten verbracht, und die Befragten sind zuversichtlich, dass sie in der Zukunft noch mehr Wertschöpfung aus Projekten generieren werden. Dies ist das Kernergebnis der aktuellen GPM Studie "Projektifizierung 2.0" und ein entscheidender Indikator für die Bedeutung von Projekten in Deutschland.
Makroökonomische Vermessung der Projekttätigkeit in Deutschland
Die "Projektifizierung" der Wirtschaft, d. h. die Zunahme von Projektarbeit in Unternehmen, wird in der Praxis und Wissenschaft immer wieder als Grund dafür genannt, sich intensiver mit dem Thema Projektmanagement auseinanderzusetzen. Das Ausmaß der Projekttätigkeit in deutschen Unternehmen, insbesondere im Vergleich zur gewöhnlichen, nicht projektförmigen Arbeit, wurde bis 2013 auf volkswirtschaftlicher Ebene nicht systematisch untersucht. Dies gelang erstmalig mit der Veröffentlichung der GPM Pilotstudie aus dem Jahr 2015. Die in Zusammenarbeit mit der EBS Universität für Wirtschaft und Recht entwickelte Studie, wurde 2023 mit der Studie "Projektifizierung 2.0", an der sich 730 Unternehmen aus allen zehn Wirtschaftsbereichen in Deutschland beteiligten, wiederholt.
Schlüsselergebnisse
Mit der zweiten Studie zur Messung der Projekttätigkeit können die Ergebnisse
hinsichtlich des Projektifizierungsgrades und der hohen Bedeutung der Projektarbeit für die deutsche Wirtschaft aus der ersten Erhebung von 2013 bei ähnlichen Projektkonditionen (Projektgröße, Projektumfang, Projektdauer, Projektarten) bestätigt werden.
Nicht bestätigt werden kann dagegen die in 2013 prognostizierte weitere Projektifizierung der deutschen Wirtschaft auf über 41%. Auch wenn in der aktuellen Studie die Befragten erwarten, dass sich der Umfang der Projekttätigkeit in den nächsten Jahren um 14% auf dann fast 39% steigern wird, deutet sich eine Sättigungsgrenze beim Projektifizierungsgrad an. Andererseits könnten für die verzögerte Entwicklung aber auch externe Gründe in Betracht kommen, wie z. B. durch die Corona-Pandemie ausgelöste Entwicklungen wie Digitalisierung und mobiles Arbeiten. Dass die Corona-Pandemie die Digitalisierung von Unternehmen zumindest beschleunigte, bestätigten eine breite Mehrheit der Befragten, inwieweit sich diese auf die Projektarbeit auswirkte, kann auf der vorliegenden Datenbasis nicht beantwortet werden.
Zudem hat sich der Anteil der Unternehmen mit einer zentralen Projektorganisation von 65% auf 50% deutlich reduziert. Darüber hinaus lassen sich nur in den wenigsten Unternehmen definierte sowie ausdifferenzierte Karrierepfade feststellen. Wie Korrelationsanalysen aber aufzeigen, haben beide Aspekte einen signifikanten Einfluss auf den Projekterfolg in den Unternehmen. Von daher überrascht es nicht, dass der "Index Projekterfolg" mit 66 Skalenpunkten um 6 Punkte geringer ausfällt als noch 2013.
Weitere zentrale Erkenntnisse - Ausblick und Handlungsbedarf
War der stärkste Anstieg der Projektarbeit mit über 54% im Untersuchungszeitraum 2009 und 2013 im Öffentlichen Dienst zu verzeichnen, so ist der stärkste Anstieg diesmal mit 40,7% im Bereich der Finanz- und Versicherungsdienstleistungen zu beobachten. Doch die Studie zeigt, der Öffentliche Dienst verlagert seine Arbeitsweise immer stärker in temporäre Organisationsformen, hier ist seit 2017 ein Anstieg um 27% festzustellen und kommt damit gleich nach dem Spitzenreiter.
Bis 2027 wird zudem ein weiterer Anstieg um 27,5% prognostiziert. Laut GPM Präsident Prof. Dr. Peter Thuy, sei dieser prognostizierte Trend im Hinblick auf die Herausforderungen, mit welchen die öffentliche Verwaltung konfrontiert sei, und die es jetzt und in den kommenden Jahren zu bewältigen gelte, die einzig logische Entwicklung. "Der Umstand, dass Projekte einen wesentlichen Beitrag zu Wertschöpfung und Wohlstand in unserer Gesellschaft beitragen, hat die aktuelle Studie erneut bestätigt. Seit 2015 haben sich Wirtschaft und Gesellschaft deutlich verändert. Flüchtlingskrise, Coronakrise und der Ukrainekrieg beeinflussen das Gemeinwesen nachhaltig. Die Herausforderungen der Digitalisierung oder der Energiewende rufen dabei ebenso nach effektivem und effizientem Projektmanagement, wie die, zur Gestaltung der Energiewende notwendigen Veränderungen." Thuy betonte weiter, dass angesichts dieser Herausforderungen und vor dem Hintergrund der Studienergebnisse nur eine Interpretation zulässig sei: " ... dass die "Projektifizierung" nicht nur auf die deutsche Wirtschaft beschränkt ist, sondern sich unaufhaltsam auch in andere Bereiche unserer Gesellschaft Bahn brechen wird. Gutes und verantwortungsvolles Projektmanagement wird immer weiter an Bedeutung gewinnen und unausweichlicher Schlüssel für aktuelle und künftige gesellschaftliche und wirtschaftliche Gestaltungen und Entwicklungen sein. Für die GPM bedeutet das, dass sie erst am Beginn ihres Wirkungskreises steht und wir uns noch mehr engagieren müssen, um die Professionalisierung des Projektmanagements weiter voranzutreiben, damit der Standort Deutschland die digitale Transformation maßgebend mitgestalten kann."
Die GPM Deutsche Gesellschaft für Projektmanagement e. V. ist ein gemeinnütziger Fachverband für Projektmanagement. 1979 gegründet bildet die GPM heute ein weitreichendes Netzwerk für Projektmanagement-Expertinnen und -Experten aus allen Bereichen der Wirtschaft, der Hochschulen und der öffentlichen Institutionen. Der Fachverband trägt wesentlich zur Professionalisierung und Weiterentwicklung des Projektmanagements in Deutschland bei und bietet umfangreiche Möglichkeiten zur Aus- und Weiterbildung sowie zur Zertifizierung im Projektmanagement. Über den Dachverband International Project Management Association (IPMA) ist die GPM weltweit vernetzt und bringt auch auf internationaler Ebene die Arbeit an Normen und Standards voran.
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