(Artikel vom 17.04.2023) Der Wechsel einer Abteilungsleitung - eine alltägliche Situation in Unternehmen. Mal liefe es phänomenal, mal katastrophal. Ulla Schnee begleitete schon einige dieser Wechsel, so wie beispielsweise in dem Fall einer in Rente gehenden Abteilungsleiterin. Zu Beginn sei alles reibungslos verlaufen, bis sich die heimlichen Strukturen offenbarten und plötzlich enorme Herausforderungen für die neue Führungskraft entstanden.
"Dieser Führungskräftewechsel war fast schon zu schön, um wahr zu sein.", erinnert sich Sparringspartnerin und Konfliktmanagementratgeberin Ulla Schnee. "Alle involvierten Teams waren direkt mit an Bord und zeigten sich offen und motiviert, der Prozess wurde für alle transparent dargestellt und der Staffelstab konnte von der Abteilungsleiterin nahtlos an ihren Nachfolger übergeben werden. Dieser plante, einiges zu verändern, was auch aus Sicht der Teams bisher nicht gut gelaufen ist. Er wähnte die Mitarbeitenden an seiner Seite und trotz alledem stagnierten die Leistung und die Qualität - die Frage nach dem Warum sollte uns noch eine ganz Zeit lang beschäftigen."
Im Laufe der Zeit kristallisierte sich immer mehr heraus, dass die Teams nach "heimlichen Strukturen" agierten, die sich über einen langen Zeitraum hinweg etabliert hatten. Der Grund dafür lag in der vorherigen Abteilungsleiterin, die jahrelang nur die kommissarische Leitung innehatte, da die eigentliche Führungsperson erkrankt war - und alle hofften darauf, dass diese zurückkehre. So sei eine abwartende Haltung entstanden. Und wie immer, wenn Menschen auf etwas warteten, werde nichts verändert. Alles wurde beim Alten gelassen und die kommissarische Leitung habe sogar den Führungsstil der abwesenden Abteilungsleiterin übernommen, obwohl dieser gar nicht zu ihr passte. Das Ende vom Lied: Es bildeten sich informelle Strukturen. Bestes Beispiel dafür sei, dass wenn vonseiten der Abteilungsleitung etwas gewünscht werde, dies erstmal mit den Teamleitern oder ihren Stellvertretern besprochen würde. Dabei spiele es keine Rolle, ob dies der Abteilungsleiterin passe oder nicht. Und zusätzlich sei subtil alles, womit man nicht einverstanden war, verhindert worden. Zunächst fiel diese heimliche Struktur nicht auf. Was hingegen deutlich zu erkennen war sei, dass Wünsche und Erwartungen nicht so umgesetzt wurden, wie man es sich erhofft habe und die Qualität der Arbeit stagnierte. Schließlich sei die Kundschaft da und beschwert habe sich auch niemand. Warum also etwas ändern?
Ulla Schnee berichtet weiter über die vielen Herausforderungen der damaligen Situation: "Der neue Abteilungsleiter wollte grundsätzlich Dinge verändern, Arbeitsbereiche aufsplitten, teamübergreifende Zusammenarbeit fördern, Transparenz herstellen und Projektarbeit einführen. Auf seiner Agenda stand also die Modernisierung der ganzen Abteilung. Scheinbar fanden das auch alle Mitarbeitenden super und zeigten sich zufrieden - nur mitmachen wollte keiner. In meiner Tätigkeit dort wurde immer offensichtlicher, dass es unausgesprochene Strukturen gab. In Workshops mit einigen gezielt gesetzten Provokationen legten wir diese offen. Auffallend war, dass es Personen gab, die nur gesprochen haben, wenn eine andere kaum merklich mit einem Nicken ihre Zustimmung gab oder dass bei Entscheidungsthemen nur bestimmte Mitarbeitende reagierten. Wie lässt sich jetzt mit einer solchen Situation umgehen?" Der neue Abteilungsleiter habe gemeinsam mit Ulla Schnee einen systemischen Blick auf die gesamte Abteilung geworfen, zum Beispiel welche Kräfte an welcher Stelle wirken oder eben nicht zum Tragen kommen. Aus dieser Arbeit heraus wurden die heimlichen Machtstrukturen sehr deutlich. Der erste Schritt zur Lösung war, das ganze System umzubauen. Mit anderen Worten: der Abteilungsleiter hat teamübergreifend umstrukturiert und für die Versetzung einzelner Personen gesorgt. Er habe somit das aufgeräumt, was andere jahrelang liegen ließen. Keine leichte Aufgabe und eine enorme Herausforderung für ihn als neue Führungspersönlichkeit, die jetzt ihren Führungsanspruch durchsetzen musste, obwohl zu Beginn alles so harmonisch wirkte.
"Aber die Arbeit hat sich gelohnt", bekräftigt Ulla Schnee. "Nachdem die inoffiziellen Strukturen offengelegt und gestört wurden und alle Mitarbeitenden, die in der Abteilung sind, dort auch gerne arbeiten und der offiziellen Leitung folgen, kann der Abteilungsleiter endlich anfangen, die Arbeit in der Art und Weise durchzuführen, die dem Qualitätsanspruch entspricht, den er sich von Anfang an vorgestellt hat." Das Ganze habe allerdings ein Jahr gedauert und sei mit großen Herausforderungen verbunden gewesen, doch letztendlich gab es ein "Happy End". "Bei Bedarf unterstütze ich den Abteilungsleiter weiterhin supervisorisch und wir werfen immer wieder einen systemischen Blick auf seine Abteilung. Aufgrund meiner neu gewonnenen Kenntnisse in der positiven Psychologie fließen dort auch verstärkt Aspekte wie Unterscheidung zwischen Stärken und Kompetenzen, Motivation, Wertesysteme, positives Führen etc. ein.", resümiert Ulla Schnee den Prozess.
Ulla Schnee ist Sparringspartnerin, Ratgeberin und Entwicklerin für Konfliktmanagement und Coaching. Sie unterstützt Menschen dabei, ihre Einstellung zu Konflikten und den Umgang damit zu verändern sowie eine neue Perspektive auf die aktuelle Situation zu erlangen. Mit ConflictArt und CoachingArt unterstützt sie Unternehmer, Führungskräfte und Teams sowohl im konstruktiven Umgang mit Konflikten als auch bei einem zielführenden Auseinandersetzen mit der aktuellen Situation. Hierbei greift sie auf ihre Kommunikations-, Verhaltens- und Kooperationsexpertise zurück.
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